[emsiana] Ein Pionier der Pille: Eugen Steinach aus Hohenems


Rund 40 Jahre Wissenschafts- und Medizingeschichte liegen zwischen dem "Steinach-Rummel" der 1920er Jahre und der ersten Markteinführung eines Ovulationshemmers.

1922 auf dem Kurfürstendamm in Berlin. Der UFA-Palast am Zoo präsentierte einen ungewöhnlichen Dokumentarfilm. "Steinachs Forschungen" lassen angeblich einen Menschheitstraum in Erfüllung gehen: die ewige Jugend. Altersbekämpfung durch Hormone sorgt bis heute für Schlagzeilen, obwohl sie wissenschaftlich mehr als umstritten ist. Auch ein alternder Arzt wie Sigmund Freud unterzog sich einer solchen von Eugen Steinach erfunden Abschnürung der Hoden zur allgemeinen und sexuellen Verjüngung.

Eugen Steinach.
Eugen Steinach entstammt einer bedeutenden jüdischen Arztfamilie, die über mehrere Generationen in Hohenems ansässig war. Bereits sein Vater Simon Steinach war physioligisch-wissenschaftlich tätig und führte als einer der ersten in Vorarlberg die antiseptische Wundbehandlung ein.

Pharmaindustrie.
Der UFA-Film aus dem Jahr 1922 regte nicht nur das Interesse der Kinobesucher an, sondern auch das des Pharmaunternehmens Schering-Kahlbaum in Berlin. Das Schering-Hauptlabor begann 1923 mit der Hormonforschung. Es kooperierte mit dem Autor des Films Eugen Steinach (1861-1944) und dessen Assistenten Walter Hohlweg (1902-1992). 1928 wechselte dieser zur Schering AG und machte dort mit Hans Herloff Inhoffen bedeutende Entdeckungen, die den Weg zur Entwicklung von Ovulationshemmern eröffnete.

NS-Wissenschaftsfeindlichkeit.
Viel später hatte sich dann herausgestellt, dass mit den Entdeckungen Steinachs die Möglichkeit geschaffen war, empfängnisverhütende "Pillen" auf den Markt zu bringen. Er gilt damit als Spiritus rector des ersten zyklusregulierenden Hormonpräparats. Obwohl Eugen Steinach weltberühmt war, wurden sein Laboratorium und seine Forschungsarbeiten 1938 mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten beschlagnahmt und zerstört. Er selber konnte 1938 nach einer Vortragsweise in die Schweiz nicht mehr nach Österreich zurückkehren. Seine Frau Antonie beging Selbstmord.